Bardentreffen 2017
Ein Blick in die Vergangenheit hat nur Sinn, wenn er der Zukunft dient.
Konrad Adenauer

Nürnberg, City 28-30.07.2017





Nürnberg hat im Laufe eines Jahres wirklich viele tolle Veranstaltungen zu bieten. Es sei hier nur stellvertretend an die „Blaue Nacht“ erinnert. Die allerschönste findet aber jedes Jahr Ende Juli bzw. Anfang August mit dem Bardentreffen statt. Auch dieses Jahr war es wieder ein Muss und die beste Werbeveranstaltung, für eine gemeinsame friedliche Welt, egal ob Schwarz oder Weiß, Hindu, Moslem oder Christ. 

Wie jedes Jahr war das Programm vollgepackt mit Highlights und stand unter dem Motto „Gegenwind“. Damit wollte man den Einfluss von Blasinstrumenten auf die Weltmusik beleuchten, entsprechend viele Blasinstrumente waren sowohl auf den Bühnen, wie auch bei den Straßenmusikern zu sehen. Mit dem Urban-Brass Aushängeschild Moop Mama, der Rapperin Fiva und ihrem Orchester sowie dem Bläserhighlight des Wochenendes schlechthin, Meute aus Hamburg zeigten auch Deutsche Bands, dass sie großartig auf Blasinstrumenten musizieren können. 

Natürlich gab es daneben auch genügend Musik „ohne Blech“. 96 Konzerte sind an einem Wochenende nicht mal im Entferntesten zu schaffen, so dass sich jeder gut überlegen muss, was er sehen will. Dazu ist das einmal mehr sehr gelungene Programmheft eine große Hilfe. So ist auch meine Top 5-Konzertliste natürlich sehr subjektiv, da ich wie viele andere, ja auch nur einen Bruchteil dessen, was sich auf den ganzen Bühnen abspielte, erlebt hab. Von den unzähligen Straßenmusikern/innen ganz zu schweigen. Quasi als Zugabe gibt es dann noch Fotoausstellungen, Kinovorführungen, Künstlergespräche und viele Stände die zum Verweilen einladen. Hier kann man schlemmen und genießen, das Angebot ist gigantisch.

Das Bardentreffen ist auch 2017 ein Multi-Kulti-Volksfest im schönsten Sinne und gut behütet durch ein großes Polizeiaufgebot und viele Securities, denen auch auf diesem Weg ein großer Dank gilt für einen, nicht immer einfachen Job. Da das Bardentreffen auch noch völlig ohne Eintritt stattfindet, sind Sponsoren, allen voran die Sparda Bank als Hauptförderer unverzichtbar. Danke auch dafür an alle, die das Event jedes Jahr möglich machen. Eine schöne Idee sind übrigens die Instrumenten-Pins, die nicht nur schick ausschauen, sondern mit denen man auch einen kleinen Teil der Kosten zu refinanzieren versucht.

Was wäre das Bardentreffen auch ohne die ganzen Straßenmusiker, die abseits der Bühnen mal mehr mal weniger gekonnt, ihr Publikum unterhalten und Nürnberg dadurch zur weltgrößten Musikbühne des Wochenendes machten. Einige von Ihnen durften auf der Straßenbühne vor der Sparda-Bank auftreten, jedes Jahr ist auch diese Bühne immer einen Besuch wert.

Auch an die Kids wurde gedacht, mit Toni Geiling und das Wolkenorchester, Geraldino und the Old Dixie Bones und Randale gab es ein hörenswertes Musikprogramm. Selbstverständlich wurden auch die regionalen Bands wie z.B. Take off your Shirts oder Nick and June nicht vergessen, Jahr für Jahr ist die MUZ-Bühne für tolle Konzerte immer gut.

Nun aber zu meinen persönlichen Top 5, wobei dies jetzt keine  Wertung ist.  Alle 5 waren einfach großartig.

 

Isolation Berlin

 

Ein Jahr lang musste man geduldig auf die Berliner warten. Durch eine Autopanne fiel der geplante Auftritt 2016 flach. Diesmal waren sie aber vollzählig erschienen, und wie.

Wunderschön anmoderiert legte das Quintett los, dass man aus dem Staunen nicht herauskam. Kein Wunder, dass ihr Debütalbum „Und aus den Wolken tropft die Zeit“ in der Musikexpress-Jahresbestenliste in den Top Ten gelistet wurde.  Es ist wirklich schwer, die leider viel zu kurze Vorstellung in Worte zu packen. Intensiv, faszinierend, magisch, verrückt, Gänsehaut erzeugend, ratlos, verstörend, sehnsuchtsvoll, wütend, traurig, emotionell, es gäbe so viele Worte die dem Auftritt beschreiben würden und doch wird keiner davon dem Spektakel auf der Bühne annähernd gerecht. Es ist ein wilder Ritt auf der oder besser durch die menschliche Gefühlwelt. Isolation Berlin steht und fällt natürlich mit der Ausnahmeerscheinung am Mikrofon, ein Wahnsinniger der weder vor Fröhlichkeit strotzt (ganz im Gegenteil), noch sein Publikum bewusst wahrnimmt, geschweige denn mit ihm interagiert. Seine Liebe gilt vor allem der Bierflasche und dem Mikrofonständer, denn er mal herzt, mal schlägt mal drückt, mal kickt. Wenn man wissen will, was man damit so alles machen kann, der Sänger ist ein Meister darin.

Tobias Bamborschke heißt der Sänger und Songschreiber der Band, ein Ereignis am Mikrofon. Rio Reiser, einer, wenn nicht der genialste Deutsche Musiker, ist leider schon länger tot, in ihm lebt er weiter, ohne dass Bamborschke ihn kopiert oder sich besonders Mühe gibt, wie Rio Reiser zu klingen. Man sollte wirklich nicht in einer depressiven Phase ein Isolation Berlin Konzert besuchen. Bloß nicht, das wird in einem Fiasko enden. Ansonsten sollte man sich die Band aber unbedingt geben, Isolation Berlin sind groß, ganz groß, unfassbar faszinierend und ein Ritt auf der Rasierklinge zwischen Genie und Wahnsinn.

„Schlafen kann ich auch noch, wenn ich tot bin“ singen sie und man hofft inständig, dass die Band noch ein ganz langes Leben hat. Und um noch einmal Isolation Berlin zu zitieren: „Alles grau, alles kalt kalt kalt…“, irgendwie packen sie die ganze Verzweiflung unserer Welt, die ganze Wut, die ganzen Emotionen und Sehnsüchte in ihre Songs und das tut einem persönlich dann irgendwie doch ziemlich gut, muss man erstaunt nach dem Konzert feststellen. Wie gesagt, wenn man nicht depressiv ist.

Liedfett

Die Band Liedfett fiel am Sonntag schon durch zahlreiche Liedfettshirts tragende Fans positiv auf, die sich andere Konzerte anguckten, wie zum Beispiel das von Martym Joseph am Trödelmarkt. Um 18.00 Uhr waren sie natürlich alle im Kulturgarten. Dass das 2. Konzert meiner Top 5 ausgerechnet da stattfand, ist kein großer Zufall. Die herausragend schöne Open-Air Location, mit einem tollen Verpflegungsangebot verdient eine eins mit Stern, entsprechend sinnvoll ist es auch, gerade hier das eine oder andere Schmankerl abzuhalten. Und dazu gehören definitiv die Hamburger von Liedfett. Die Band gibt es schon seit 2007 und wenn man sich den Auftritt an diesem Tag so anguckt, fragt man sich schon, wieso sie noch immer nicht in aller Munde sind und zu den Deutschen Top-Bands gehören. Vielleicht liegt es ja am Musikstil, den man nicht so wirklich einordnen kann. So sind sie für die Popper sicher zu rotzig und punkig, für die Punker wieder zu ruhig und melodisch. Mit Akustik-Pop, wie man immer wieder lesen kann hat es auch nichts zu tun und Singer-Songwritermugge trifft es auch gar nicht. Eine Rockband sind Liedfett auch nicht, Rapper und Hip Hopper will auch nicht wirklich passen. Sie sind halt einfach von allem etwas und somit auch etwas ganz besonderes. Eine Band mit Musik aus dem Liedermacher-Untergrund wie sie selbst sagen, einfach eine geniale Mischung aus allem, sei es Rock, Punk, Hip Hop oder Rap. Das geht genauso ins Bein, wie aufgrund ihrer Texte auch durchaus in den Kopf und ins Herz sowieso. Und da bleibt es einmal gehört auch, Liedfett machen unglaublich Spaß und der singende Flummi Daniel Michel und seine Band sind eine echte Liveband, eine die man gerne immer und immer wieder sieht.
2 Alben, beide in den Top 50 der Albumcharts sind schon ein guter Beleg, dass die Musik ankommt. Auch beim Bardentreffen, wo vom ersten Lied an richtig Stimmung in der Bude angesagt ist.  
Verkackt, wie im Titel ihres Songs „Verkackt bevor es losgeht“ haben sie an diesem Tag definitiv nicht, sondern viele neue Fans dazugewonnen Dank ihres wahrlich großartigen Auftritts. Ab November sind sie wieder auf Tour und man sollte unbedingt hingehen, man wird reichlich belohnt und Liedfett bleiben sicher bei jedem sehr positiv in Erinnerung, der sie einmal live erlebt hat.

Meute



400.000 Klicks nach Veröffentlichung eines Musikvideos innerhalb einer Woche, das muss man erst einmal schaffen. Und das wohlgemerkt nicht als Superstar-Band, sondern als eine Band, die bis dahin nicht einmal ein Album veröffentlicht hat. Auch über 70.000 Facebook Likes sind beeindruckend. Genauso wie die übervolle Insel Schütt beim Bardentreffen. Die Nürnberger scheinen einfach ein gutes Gefühl zu haben, was man unbedingt sehen muss an diesem Wochenende.
Der Besucherandrang ist allerdings, ebenso wie die Facebook-Zahlen, verständlich. Wenn man schon mal ein Konzert der Techno-Marching-Band gesehen hat. Die rote Fußballmannschaft auf der Bühne schafft es problemlos, die Menge nicht nur zum Tanzen, sondern zum kollektiven Ausrasten zu motivieren. Meute sind wirklich das „next big thing from Germany“, und im Gegensatz zum HSV, der in der Bundesliga eher in den Niederrungen zu finden ist, ist die Hamburger „Meute“ ein Anwärter für Platz eins.
Sie haben definitiv ein Alleinstellungsmerkmal, eine Techno – House und Deep-House Marchingband, die den streng elektronischen Technoklängen mit ihren Blas und Rhythmusinstrumenten echtes Leben einhauchen können. Das Ergebnis ist gerade live ein dermaßen faszinierendes Hörerlebnis, an dem man sich gar nicht satt Hören kann. Auch weil die Bühnenshow so sehenswert und dynamisch ist, dass man einfach nicht ruhig stehen kann. Höchststrafe für jeden Fotografen mit Musik im Blut, die Kamera ruhig zu halten wird echt zum Kunststück.
Tuba, Posaune, Trompete, Saxophon, Marimba und Schlagzeug erzeugen eine unglaubliche Wucht, Energie und einen Rhythmus der einen sofort gefangen nimmt und die am Sonntag auftretenden Moop Mama echt blass dagegen aussehen lässt.  Das Ganze ist übrigens eigentlich in erster Linie als Instrumental-Projekt angelegt, eigentlich wohlgemerkt. Denn bei einem Song wie Deichkinds „Remmidemmi“ übernimmt einfach das Publikum auf der Insel Schütt die Gesangsparts. Ohne Aufforderung, es passiert einfach so und es kann viel passieren bei einem Konzert der Band Meute.
Das umgangssprachliche „Remmidemmi“ steht ja auch für ausgelassenes Treiben, der Song passt somit geradezu perfekt zu Meute. Nicht nur an diesem Abend, es wird bei der im November anstehenden Tour genauso sein. Auch dann werden sie die Menge kollektiv zum ausrasten bringen und mit ihren tollen Outfits begeistern.













wird natürlich fortgesetzt

Zu den Bildergalerien








Heiner Bomhard

Cumbia All Stars

Electro Deluxe

El Mago Masin

Fehlfarben

Fiva und JRBB

Fuel Fandango

Toni Geiling
und das
Wolkenorchester

Isolation Berlin

Martin Joseph

Sarah Lesch

Liedfett

Magic Mumble Jumble

Meta and the
Cornerstones

Meute


Moop Mama

Nick and June

Der Nino aus Wien

Red Hot Chilli Pipers

Take off your Shirts

Tuuletar

Vincent Von Flieger

Stephan Zinner

und viele
mehr
















































































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