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Liv Kristine und Anwynn 2015
  Boxen geht auf den Geist, sich durchboxen geht auf den Charakter
                                                         Dr. med Uhlenbruck        


Nürnberg, Hirsch 15.12.2015


Mit Liv Kristine stand eine der besten Symphonic Metal Sängerinnen endlich einmal wieder auch in Nürnberg auf der Bühne. Allerdings zum ungünstigsten Termin. Kurz nach dem Gastspiel von Nightwish, die mit den zwei klasse Vorbands Arch Enemy und Amorphis ein beeindruckendes, aber nicht ganz billiges, Spektakel ablieferten (hier gibt’s den Bericht und Bilder). Da die Norwegerin ein ähnliches Publikum, um nicht zu sagen das gleiche, anspricht war der Konzertabend leider ziemlich schlecht besucht. Das ist für die Veranstalter und Musiker bitter und aus zwei Gründen zusätzlich besonders schade. Denn mit Anwynn hatte auch Liv Kristine hörenswerte Unterstützung dabei und die Norwegerin ist so nett und natürlich geblieben, dass man ihr immer volle Hallen wünscht. Stimmlich ist sie ja eh über jeden Zweifel erhaben.
Bitter ist es auch, weil das Konzert etwas ganz besonderes war, nicht wie zuletzt die vielen großartigen Konzerte weltweit zusammen mit Ehemann Alexander Krull als Leaves Eyes, sondern ein kleiner Ausflug in die Vergangenheit, sozusagen zu den Musikerwurzeln. Denn im Jahre 1993 hatte sie sich der Band Theatre of Tragedy angeschlossen und wurde sehr schnell Duettpartnerin von Sänger Raymond Rohonyi. Und genau den hatte sie nach Nürnberg mitgebracht um noch mal einiges aus der damaligen Zeit live zum Besten zu geben. Die Norwegische Band war mit ihrem Gothic Metal, Dark Rock und Elektropop stilprägend und nach ihrem Ausstieg ging es mit Theatre of Tragedy zwar weiter, allerdings ohne die Lücke Liv wirklich schließen zu können. Und die startete mit Leaves Eyes nun richtig durch.
Genauso beeindruckend wie ihre stimmliche Qualität war es auch, wie locker sie die wenig Menschen aufnahm, noch dazu, wo man zuletzt, wie gesagt, Zuschauermassen anlocken konnte. So betonte sie in der Begrüßung wie dankbar sie über den Besuch ist und das war nicht einfach so dahingesagt. Egal ob 100 oder 10000, die Dame freut sich definitiv über jeden Konzertbesucher. Das ließen sie und alle beteiligten Musiker an diesem Tag auch das Publikum spüren. Denn vom ersten bis zum letzten Ton gab man Gas, war mit viel Enthusiasmus und Begeisterung dabei, wie wenn der Hirsch bis zum letzten Platz gefüllt gewesen wäre. Etwas, was ausdrücklich auch für die Vorband gilt und was leider nicht immer üblich ist. Was aber höchsten Respekt verdient und viel über eine Frau und ihre Einstellung zur Musik und zum Publikum verrät. Und natürlich auch über die EInstellung der Vorband.
Bevor Raymond die Bühne betreten durfte gab es nach einem Intro mit „Vervain“, Titelsong des gleichnamigen Solo-Albums und „My Wilderness“ nicht nur Liv Kristine Songs, sondern mit  „Venus“ einen Sirens Song und  „A Hamlet for a slothful Vassal“ auch Musik von Theatre of Tragedy, allerdings ohne Raymond.
Auch im Programm „Paris Paris“ , 2012 auf der Soloscheibe Libertine erschienen und natürlich ließ die Sängerin das Publikum zuvor teilhaben an ihren Gedanken, das Lied nach den Anschlägen trotzdem zu spielen. Und so kam der Song luftig leicht und locker daher, wie das Paris der Vergangenheit eben und wohl jeder im Publikum wünschte sich an diesem Abend, dass die Weltstadt die Lockerheit wieder zurückgewinnen kann. Die musikalische Botschaft war auf alle Fälle eine eindeutige und eindringliche und eines der Highlights des Abends.
Dann durfte Raymond ran und los ging es mit  dem „Die Schöne und das Beast-Battle“ zum  Theatre of Tragedy Song „Cassandra“, dem u.a. Songs wie „Image“, „Siren“, „Machine“ und  zum Ende des Sets „Black as the Devil Painteth“ folgte und sich beide noch mal so richtig ins Zeug legten.
Wer jetzt gedacht hat das war es, sah sich getäuscht, ganze 3 weitere Songs gab es als Zugabe. Mit „Der Tanz der Schatten“ ganz zum Schluss auch Deutsches.
Ein hörenswertes Konzert ging mit einem Highlight zu Ende, ohne allerdings darüber hinwegtäuschen zu können, dass die hübsche Norwegerin und einem echten Biest (Ehemann Krull und nur musikalisch gesehen) im Gegensatz zum smart wirkenden Raymond noch viel beeindruckender daherkommt. Sicher auch weil die neue Scheibe „King of Kings“ mit zum Besten gehört was der Symphonic Metal zu bieten hat.
Extra aus Belgien kam Anwynn angereist die mit ihrem Melodic Death Metal auf der einen Seite einen echten Kontrast darstellten, aber ebenfalls mit einem „Die Schöne und das Biest“ Battle aufwarteten. Die Schöne, auf den wohlklingenden Namen Eline Van De Putte hörende Sängerin battelte sich mit Grunzbiest Vincent „Mc Bouc“ Carton , der einen , wenn er sein mächtiges Schwert kreisen lässt durchaus Angst einflößen konnte. Der Gutturale Gesang verstärkt diesen Eindruck nur noch, gut dass die wohlklingende Stimme von Eline und vor allem auch Keyboarderin Astrid Kaiserman immer wieder melodiös dazwischen grätschten und sich das Ganze nicht zu arg in Richtung Death Metal wegbewegte. Anwynn können aber auch anders „Mists of the Fortunate“ ist eine wirklich schöne Ballade die haften bleibt und spätestens da hatte man auch Nicht- Melodic Death Metal-Fans so richtig gepackt, die sich bei dem 8 Song Set der Band mit Liedern wie „Shrine“, „Swords and Blood“, „No Victory“ und zum Schluß „Anwynn“ ein gutes Bild über das Können der Band machen konnten.
Zwar war der Konzertabend, auch aufgrund des gewaltigen Nightwish-Aufwands lange nicht so spektakulär, aufgrund überzeugender Vorband und Liv Kristine trotzdem extrem besuchenswert und beste Unterhaltung für  die Gäste u.a. aus dem Münchner und Stuttgarter Raum. Die wie alle anderen eine der großen Symphonic Metal Stimmen nicht nur beim Konzert, sondern auch danach so intim und privat erleben konnte, wie man sie höchst selten erleben kann und die Akteure zurecht feierten. Schade für den Veranstalter das Konzertbüro Franken, die nicht müde werden ganz besondere Konzerte nach Nürnberg zu bringen und wie auch die Musiker einen knackvollen Hirsch verdient gehabt hätten.

  
 

Die Bildergalerie vom Abend

Anwynn


Liv Kristine




























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